Montag, 12. Mai 2008
Muttertag und Traumhochzeit / Aus unseren Zeitungen


TRAUMHOCHZEIT im SPIEGEL

"Des Mannes größter Traum ist natürlich ein richtig dickes Auto", kündigt Linda de Mol einen der Einspielfilme an, wo Christoph im Inbegriff mobiler Dämlichkeit zum Ort von Kerstins Heiratsantrag gelockt wird: einem Stadtpanzer namens "Hummer". So leicht ist der Bräutigam von heute rumzukriegen und man will gar nicht wissen, was er mit den "gleichen verrückten Ideen" meint, die beide verbänden. Etwa ganz spontan zum Shoppen in ein Outlet-Center fahren? Irre!

Da spielen also Durchschnittsdeutsche mit Durchschnittskosenamen in Durchschnittsklamotten fünf Runden um das durchschnittlichste aller Familienfeste. Mit allem, was den Mainstream so kennzeichnet: Riesige Herzen als Liebesbeweise (von Kerzen gesäumt), Riesengefühle auf Heimatfilmniveau (Jedes Töpfchen findet sein Deckelchen), Riesenbrimborium mit Kuschelrock (Seal etc.) untermalt. Dazu Zeitlupen, Herzklopfgeräusche und eine Linda de Mol in emotionaler Höchstform, die mit 44 viel siebenundzwanzigjähriger aussieht, als der Immobilienmakler und Formel-1-Fan Alex samt seiner Zukünftigen aus Bayern.

http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,552768,00.html




MUTTERTAG in der FAZ

Die geschäftlichen Auswüchse um den Muttertag, an dem heute die Amerikaner so teure Geschenke machen wie sonst nur an Weihnachten, hat seine Erfinderin, die 1864 in eine der angesehensten Familien Virginias hineingeboren wurde, noch zu Lebzeiten bekämpft. Schließlich wollte Anna Jarvis den Tag, der sie einst berühmt machen sollte, sogar wieder abschaffen; vergebens, wie man weiß.

Begonnen hat alles mit dem Einsatz der unverheirateten und kinderlosen Lehrerin, die im Hause ihrer Eltern lebt, für die Rechte der Frauen, die ihrer Ansicht nach unterdrückt werden, etwa, weil sie nicht wählen dürfen. Unterstützt wird Anna Jarvis von ihrer Mutter Ann, die ebenfalls politisch aktiv ist und im Jahr 1858 die Vereinigung „Mother's Work Days“ gründet, um gegen hohe Kindersterblichkeit und für bessere sanitäre Anlagen zu kämpfen. Während des amerikanischen Bürgerkriegs mobilisiert sie Geschlechtsgenossinnen und kümmert sich mit ihnen um die Verwundeten auf beiden Seiten sowie um die Annäherung der verfeindeten Lager.
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Der feministische Ursprung des Muttertags, wie er Anna Jarvis einst vorschwebte, ist uns freilich entglitten. Und während in Deutschland 1923 der erste Muttertag gefeiert wurde, steckte man im selben Jahr im fernen Amerika seine Erfinderin ins Gefängnis, weil sie wieder einmal öffentlich dagegen protestiert hatte, dass ihre Idee in bare Münze umgeschlagen wurde. „I wanted it to be a day of sentiment, not profit“, zürnte Anna Jarvis, die einen Gedenk- nicht einen Geschenktag gewollt hatte und gegen die Blumenindustrie zahllose Prozesse führte.

Ihr Versuch, das ideelle Ereignis vor der Kommerzialisierung zu bewahren, blieb freilich erfolglos. Am Ende verlor Anna Jarvis in dem aussichtslosen Feldzug ihr gesamtes Vermögen und starb 1948 in einem Altenheim, arm und vergessen. Sie hat nie erfahren, dass die Kosten für ihren Aufenthalt dort ebenjene übernahmen, die sie die letzten zwanzig Jahre ihres Lebens erbittert bekämpft hatte, und die ihr doch so viel zu verdanken haben: die Blumenhändler.

http://www.faz.net/s/Rub4521147CD87A4D9390DA8578416FA2EC/Doc%7EE072768C3721D4E0083761A50560A77E3%7EATpl%7EEcommon%7EScontent.html?rss_feuilleton


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