Mittwoch, 6. Dezember 2006
Unser Belgier


Meine Freundin liebt Tiere. - Ich weiss nicht, ob jemand dieses Phaenomen bereits wissenschaftlich untersucht hat, aber die meisten extrem gutaussehenden Frauen haben ein vollkommen irrationales Faible fuer Viehzeug. - Wahrscheinlich liegt es daran, dass, wer aufgrund eines hinreissenden Aeusseren immer und seit ewiger Zeit im Mittelpunkt steht, besonders offen ist fuer Zuneigungen, die eher erscheinungsunabhaengig sind. - Achtet mal drauf: Attraktive Frauen haben oft ein grosses Herz fuer Hunde beispielsweise oder fuer Rowdie-Typen wie Flavio Briatore oder Pete Doherty.

Meine Liebste also liebt Hunde. Und sie findet sie ueberall: ausgesetzt in Parks, an Uferboeschungen, auf Autobahnraststaetten, im Urlaub. - Unglaublich, wieviel Viehzeug herrenlos durch die Gegend kraeucht, von dem man nichts merkt, wenn man sich dafuer nicht sonderlich interessiert. - Ich interessiere mich dafuer nicht sonderlich, und meine persoenliche Bilanz gutherziger Adoptionen liegt daher auch weit hinter der ihren zurueck.

Deshalb zoegerte ich nicht lange, als im Winter vor zwei Jahren mich jemand von der Seite anspricht: "Psst, wolln Se Labradorwelpen? Ich hab acht Stueck hier im Kofferraum, die muessen weg." ... Achte ist dann des Guten vielleicht doch zu viel, denke ich, aber eins nehm ich gerne. Und schon greife ich in das Knaeul warmer Leiber und stecke mir einen in die Manteltasche. Ich bringe ihn nach Hause - und weil es meine Erstadoption ist, soll er als unser drittes Tier in der Familie bleiben.

Nachdem etliche Maulkoerbe zerbissen, Lieblingsschuhe geopfert und diverse Tierarztrechnungen fuer zu Schaden gekommene Artgenossen bezahlt worden sind, muessen wir uns der Realitaet stellen: Ein Labrador ist das nicht - sieht auch nicht mehr so aus - und ohne fachmaennische Hilfe kommen wir da nicht weiter.
Der Tierarzt sagt, das sei ein belgischer Malinois - son Hund, mit dem die Amis in Abu Ghraib gefaehrlich nackte Gefangene in Schach halten - und gibt uns die Telefonnummer von einem Trainer. Montagabend klingelt es dann an der Tuer und unser Haus betritt ein extrem kurzhaariger, extrem sportlicher, eher kleinwuechsiger Bursche mit Daumenring und stechendem Blick. Ein Kerl, der nicht Polizist geworden ist und deshalb Hundetrainer. Er mustert den Hund, dann meine Liebste und dann lange mich. "Sach mal Meister, kannst Du 's der Puppe denn richtig besorgen?" lese ich in seinen Augen und er sagt: "Jetzt nehmen Se mal das Tier und dann gehn wir nen Paar Takte."
Wir gehen nen paar Takte und dann hoere ich sein Urteil: "Alles falsch! - Falsche Haltung, falscher Ton! ... Keine Autoritaet! ... Wir sehen uns jetzt vierzehn Tage jeden Abend."
Ich ueberlege kurz, ob wir nicht besser im Internet nach einer anthroposophischen Hundeschule suchen sollten, denke an die Gefangenen in Abu Ghraib, und entscheide mich, mein groesstes Opfer zu bringen. "Ok", sage ich.

Die Abende mit unserem Hundefuehrer veraendern mich. Zuerst gehe ich noch in strikte Opposition, gehe lakser, rufe meinen Hund bewusst tuntig an - aber es hilft nichts: Was fuenfzehn Monate Bundeswehr nicht geschafft haben, erreicht jetzt mein neuer Freund. - Zum Glueck allerdings gelingt es mir, die befohlene Machoart in der zweiten Woche in eine gewisse Offiziershaltung umzubauen, und ich schaeme mich nicht mehr ganz so, wenn wir nun zufaellig Bekannten im Park begegnen.

Lange Rede, kurzer Sinn: Es hat funktioniert. Keine blutzerbissenen Nachbarskoeter mehr, keine Drohungen auf Einschlaeferung oder Zwangsverwahrung. - Sollte jemand die Adresse von unserem Trainer brauchen, wir schicken sie Euch gern.


http://www.chelseafarmersclub.de/

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köstlich... :o)

künftig bitte gern mehr Anekdoten *Bambiblick*

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