Samstag, 17. April 2010
Dandyism - Ein zeitgenössisches Manifest zeitgemässen Widerstands


Wenn wir 2010 über Oberfläche, über Oberflächlichkeit, über Ästhetik und Dandyism sprechen, dann lässt sich doch auch feststellen, dass dieser Themenkreis einer leichten Bedeutungsverschiebung unterzogen ist. Ende letzten Jahres spürte David Colman in der New York Times dem Modeverhalten der Avantgarde nach. „It’s usually easy to distinguish between clothes and costumes: either you’re Spider-Man, or you’re not“, schrieb er und stellt dabei weiter fest, dass sich die Grenzen zwischen Bekleidung und Kostümierung heute allerdings deutlich in Auflösung begriffen sein. Sich lächerlich zu machen, sei garnicht mehr so einfach, da der notwendige Gegenpol, der Ernst, in der Bekleidung an Verbindlichkeit verlieren würde. Was gestern noch aussah, wie aus dem Theaterfundus, ist heute schon das normalste der Welt.

Und so wird auch mit der alten Regel der Synchronität von Mode und Konjuktur gebrochen. Geht es in der Wirtschaft runter, werden die Farben düster. Nicht diesmal. Im Gegenteil. Auch 2011 wird es in der Mode sonniger, in der Weltwirtschaft, sind die Zeichen nicht ganz so deutlich. – Was das heisst? Nun, es heisst vielleicht zunächst, dass das alte kollektive Angstkuschen – Kopf einziehen, Sturm kommt! – son bisschen an Attraktivität verloren hat.

Vorauseilender Gehorsam in gedeckten Farben und dezentem Tuch... Nicht diesmal, und nicht hier.
Und das ist das eigentlich Spannende am Dandyism heute, dass er sich in einer Zeit hält – vielmehr: langsam beträchtig Fahrt aufnimmt - , in der er sozioöknomisch betrachtet eigentlich nichts mehr zu suchen haben sollte.

Wir denken deshalb auch, das wir es hier mit einem ‚Grosstrend’, mit einer wahrnehmbaren Verschiebung im Wertegefüge von Gesellschaft, zu tun haben könnten. Seit den 80er Jahren, als Modemarken zu wahrhaften Imperien wuchsen, und das nicht nur im wirtschaflichen Sinne, sondern auch in der Art, wie sie Bedeutungsterritorien in Alltagskultur absteckten, kennen wir auch immer die Gegentrends, ob als Suche nach der legendären ‚Authentizität’, dem schillernden Fabelwesen der Markenwelt, ob als plakative Konsumverweigerung wie von Globalisierungskritikern plakativ unter dem Slogan ‚No Logo!’ in die Welt geflötet.

Der neue Dandyism nun, so man ihn denn so nennen will, liegt in gleichem Wasser, nur weniger bedenkenträgerisch, weniger populistisch und weniger leicht zu identifizieren. Was hier passiert, kommt einer Loslösung der Oberflächen aus vorformulierten Schablonen gleich.

Es ist, so kann man es vielleicht am besten formulieren, eine poetische Widerstandsbewegung, die sich nicht verweigert, sondern Oberfläche in oszillierender Collage feiert.

Das Oszillierende, das Spannungs- und Kontrastreiche, das beständig brechende und Ironische wird Kennzeichen einer Ästhetik die nicht mehr im Dienste irgendetwas anderen steht, weil sie sich gleich doppelt nur auf sich selbst bezieht.

Und das, und das ist das Bemerkenswerte nun, in Zeiten, in denen man früher kuschend den Kopf eingezogen hätte. - Aber - und das ist gut so und unübersehbar - die Zeiten ändern sich und das ist gut.

Es grüsst, stets zu Diensten, der Chelsea Farmer's Club.


http://www.chelseafarmersclub.de/

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